Calenberger Autorenkreis

   

Berichte zu einigen vergangenen Lesungen 2023


10. September 2023 im Kunstkreis Laatzen

"Begegnungen in Ostende"

Friedrich Pape referierte über Literaten im Exil


Joseph Roth

Irmgard Keun

Stefan Zweig


Als Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts der Nazi-Terror zunahm, verließen Juden, Sozialisten, Autoren, kritische Journalisten und sonstige Intellektuelle Deutschland, um den Schikanen der braunen Barbaren zu entgehen. Erster Fluchtort der Emigranten war das belgische Nordseebad Ostende. Danach gingen die meisten Flüchtlinge in die USA, weil sie befürchten mussten, dass Hitler auch Frankreich, Belgien und die Niederlande überfallen würde. Der Vortragende befasste sich vor allem mit Stefan Zweig, Joseph Roth und Irmgard Keun.                                                                                                (Friedrich Pape)


02. Juli 2023 auf der Terrasse mit Seeblick in Hellas schönem Garten in Bothfeld

"Abendlesung am Wasser"

Die Calenberger Autoren lasen eigene Prosa und Lyrik

Der wunderschöne See im Abendlicht

Das Publikum hörte interessiert zu

Zum 3. Mal durften wir auf der schönen Terrasse am See bei Hella im Garten unsere Sommerlesung anbieten. Sie war auch gleichzeitig die Abschlussfeier vor der großen Sommerpause. Ein reichhaltiges Programm wurde nicht nur kulinarisch geboten! Auch was gelesen wurde, war leckere und gut verdauliche Kost in eigener Prosa und Lyrik der Gruppenmitgleider.  Diesmal lasen fünf Mitglieder von uns.

Moderation   Jörg Hartung

Cornelia Poser

Jochen Krahnert

Renate Folkers

Uwe Märtens

Karla Kühn

Gastgeberin Hella

Jörg Hartung moderierte den Abend in bewährter und souveräner Art. Von Cornelia Poser hörten die Zuschauer zwei Liebesgedichte "Wetterbericht" und "Wir Träumer", sowie die Geschichte "Minigolf", in der es um einen gemeinsamen Ausflug mit ihrem kleinen Enkel geht. Uwe Märtens hatte mit seiner Geschichte "Auf Hellas Terrasse" eine merkwürdige und etwas unheimliche Vision, direkt im Blickfeld. Unser neues Mitglied Jochen Krahnert berichtete in seiner Geschichte "Ein Hamstererlebnis" von einem ziemlich bissigen Hamster und von einem "Fahrstuhlerlebnis". Karla Kühn erfreute uns mit der prickelnden Geschichte "Dienstag ist Kinotag". Und Renate Folkers nahm die Zuhörer mit in die Märchenwelt. Sie las zwei Gedichte: ""Rapunzel" und "Hans im Glück". In der Pause wurde geschwatzt und lecker gegessen. Wir Calenberger Autoren bedanken uns ganz herzlich bei Hella und kommen garantiert im nächsten Sommer wieder!




23. Juni 2023 im Stadtteilzentrum Nordstadt Hannover - Bürgerschule

Irmgard Keun
Das kunstseidene Mädchen oder Was ist der Ernst des Lebens?

Ein Vortrag mit Bildern und Ausschnitten aus den Romanen der Autorin von
Cornelia Poser

Irmgard Keun, 1905 geboren, 1931 zur Bestsellerautorin aufgestiegen, ab 1933 Publikationsverbot, 1936 nach Ostende emigriert, 1940 für tot erklärt und inkognito nach Deutschland zurückgekehrt, 1962 vollkommen in Vergessenheit geraten, 1977 durch das Buch "Die verbrannten Dichter" wiederentdeckt, ab 1977 Neuauflagen ihrer Romane, Autorenlesungen, 1981 Marie-Luise-Fleißer-Preis, 1982 gestorben.
Cornelia Poser führte die Zuhörer im gut besuchten und schönen Theatersaal der Bürgerschule in der Nordstadt Hannover in die Welt der Autorin Irmgard Keun. Sie berichtete über das wechselvolle und sehr ungewöhnliche Leben der Autorin und las Auschnitte aus den Romanen "Gilgi- eine von uns" (1931), "Das kunstseidene Mädchen" (1932), "Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften" (1936 - im Exil), "Nach Mitternacht" (1937 - im Exil).



16. Juni 2023 im Stadtteilzentrum Nordstadt Hannover - Bürgerschule

Graue Stadt am grauen Meer
Renate Folkers nahm das Publikum mit auf eine Reise zu Theodor Storm

Wir haben uns an diesem Abend an diesem neuen Leseort vorgestellt. Viele Zuschauer hatten den Weg zwar nicht in das kleine Theater der Bürgerschule in der Nordstadt Hannover gefunden, aber die, die da waren, waren sehr zufrieden. Renate Folkers nahm uns mit auf eine Reise nach Husum, der Stadt, in der nicht nur Theodor Storm, sondern auch sie selbst geboren wurde. Aber schon am Anfang warf sie uns Zuhörer in ein dunkles Kapitel der Geschichte des Dichters, sprach offen und ausführlich über seine inzwischen erwiesene pädophile Neigung, über die Liebe des 19-jährigen Studenten zu der 10-jährigen Bertha von Buchan. Auch aus vielen Liebesgedichten des Dichters spricht diese Neigung und man liest manche Strophe mit diesem Wissen mit leichter Beklommenheit. Renate Folkers führte uns dann durch das bewegte Leben des Dichters, der Jurist und selbst Vater von sieben Kindern war, von denen ihm vor allem die drei Söhne viel Kummer bereiteten. Seine Werke, so sagte die Referentin, kennen wir alle mehr oder weniger, deshalb legte sie den Schwerpunkt auf den Lebensweg des Schriftstellers. Im zweiten Teil ihrer Lesung erfuhren wir etwas über den Inhalt der Novelle „Viola Tricolor“ und durften sie zum Schluss auf einem versöhnlichen Spaziergang mit dem Dichter durch Husum begleiten. 




 21. Mai 2023 im Heimatmuseum Linderte

                                     "Begegnungen in Ostende"

Friedrich Pape referierte über Literaten im Exil


Stefan Zweig

Irmgard Keun

Joseph Roth


Als Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts der Nazi-Terror zunahm, verließen Juden, Sozialisten, Autoren, kritische Journalisten und sonstige Intellektuelle Deutschland, um den Schikanen der braunen Barbaren zu entgehen. Erster Fluchtort der Emigranten war das belgische Nordseebad Ostende. Danach gingen die meisten Flüchtlinge in die USA, weil sie befürchten mussten, dass Hitler auch Frankreich, Belgien und die Niederlande überfallen würde. Der Vortragende befasste sich vor allem mit Stefan Zweig, Joseph Roth und Irmgard Keun.                                                                                                (Friedrich Pape)


                                                Am 6. Mai 2023 haben wir gefeiert!           

                                          
In diesem Frühjahr wurde Friedrich Pape, der Gründer unseres Autorenkreises, neunzig Jahre alt. Das haben wir am vergangenen Wochenende mit Sekt und einem wunderbaren Essen gebührend gefeiert. Den Autorenkreis gibt es nun schon seit mehr als 25 Jahren. Auch das haben wir gleich mitgefeiert. In den vergangenen Jahren kamen viele Autorinnen und Autoren zu uns und ebensoviele gingen auch wieder, aber der "harte Kern" blieb immer standhaft. Wir haben sogar alle Corona überlebt!! Heute hoffen wir, dass wir noch lange zusammen schreiben, lesen, diskutieren und feiern können! Ein großer Dank gilt all unseren treuen Freunden, den Besuchern unserer Lesungen, die kontinuierlich seit Jahren zu uns kommen und uns dabei auch großzügig mit Spenden unterstützen! Wir freuen uns natürlich auch immer wieder auf neue  und jüngere Gesichter in unserem Zuhörerkreis.


07. Mai 2023 im Kunstkreis Laatzen in Rethen

"Du bist mein Lebensgrund" - Ingeborg Bachmann und Paul Celan

Ich

Sklaverei ertrag ich nicht
Ich bin immer ich
Will mich irgend etwas beugen
Lieber breche ich.

Kommt des Schicksals Härte
oder Menschenmacht
Hier, so bin ich und so bleib ich
Und so bleib ich bis zur letzten Kraft.

Darum bin ich stets nur eines
Ich bin immer ich
Steige ich, so steig ich hoch
Falle ich, so fall ich ganz.

Ägypten

Du sollst zum Aug der Fremden sagen: Sei das Wasser.
Du sollst, die du im Wasser weißt, im Aug der Fremden suchen.
Du sollst sie rufen aus dem Wasser: Ruth! Noëmi! Mirjam!
Du sollst sie schmücken, wenn du bei der Fremden liegst.
Du sollst sie schmücken mit dem Wolkenhaar der Fremden.
Du sollst zu Ruth und Mirjam und Noëmi sagen:
Seht, ich schlaf bei ihr!
Du sollst die Fremde neben dir am schönsten schmücken.
Du sollst sie schmücken mit dem Schmerz um Ruth, um Mirjam und Noëmi.
Du sollst zur Fremden sagen:
Sieh, ich schlief bei diesen!

Vor einem kleinen Zuhörerkreis las Jörg Hartung aus dem Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, der nach langer Geheimhaltung der Beziehung, erst 2008 unter dem Titel „Herzzeit“ auch als Buch veröffentlicht wurde. Ingeborg Bachmann und Paul Celan trafen sich das erste Mal 1948 in Wien. Über dieses Zusammentreffen schrieb Ingeborg Bachmann wenige Tage später an ihre Eltern: „Der surrealistische Lyriker Paul Celan, den ich …kennenlernte und der sehr faszinierend ist, hat sich herrlicherweise in mich verliebt… Leider muss er in einem Monat nach Paris. Mein Zimmer ist momentan ein Mohnfeld, da er mich mit dieser Blumensorte zu überschütten beliebt." - „Mohn und Gedächtnis" war dann auch der Titel des ersten von Celan veröffentlichten Gedichtbandes im Jahr 1952. Dieser Band enthielt auch sein berühmtestes Gedicht „Todesfuge“. Die Liebesbeziehung der beiden Lyriker währte 1948 nur sechs Wochen, dann verließ Paul Celan Wien und ging nach Paris. Das Wiedersehen der beiden kam erst nach zweieinhalb Jahre wieder zustande. Einen Monat lang versuchten die beiden in Celans Hotelzimmer eine Art des Zusammenlebens, das aber scheiterte. Ingeborg Bachmann kehrte wieder nach Wien zurück. Ihr ganzes Leben lang rangen die beiden in zahlreichen Briefen mit Worten um ihre Liebe: zusammen sein und zusammen leben konnten sie nicht. Ingeborg Bachmann unternahm 1962 den ersten Selbstmordversuch, Celan wurde Ende desselben Jahres erstmals in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach zwei Mordversuchen an seiner Ehefrau, Zwangseinweisungen, und einem Selbstmordversuch gelang ihm der Suizid im April 1970 in der Pariser Seine. Ingeborg Bachmann hatte im September 1973 einen Brandunfall in ihrer Wohnung in Rom. Sie starb wenige Wochen später im Krankenhaus.


19. März 2023 im Heimatmuseum Linderte / Ronnenberg

"Graue Stadt am grauen Meer" - ein literarischer Spaziergang mit Theodor Storm

Renate Folkers nahm uns Zuhörer mit auf eine Reise in den Norden des Landes, nach Husum, der Stadt, in der nicht nur Theodor Storm, sondern auch sie selbst geboren wurde. Da ist die Verbindung. Gleich darauf aber warf sie uns Zuhörer in ein dunkles Kapitel der Geschichte des Dichters, sprach offen und ausführlich über seine inzwischen erwiesene pädophile Neigung, über die Liebe des 19-jährigen Studenten zu der 10-jährigen Bertha von Buchan. Auch aus vielen Liebesgedichten des Dichters spricht diese Neigung und man liest manche Strophe mit diesem Wissen mit leichter Beklommenheit. Renate Folkers führte uns dann ausführlich durch das bewegte Leben des Dichters, der Jurist und selbst Vater von sieben Kindern war, von denen ihm vor allem die drei Söhne viel Kummer bereiteten. Seine Werke, so sagte die Referentin, kennen wir alle mehr oder weniger, deshalb legte sie den Schwerpunkt auf den Lebensweg des Schriftstellers. Im zweiten Teil ihrer Lesung erfuhren wir etwas über den Inhalt der Novelle „Viola Tricolor“ und durften Renate Folkers zum Schluss auf einem sehr versöhnlichen Spaziergang mit dem Dichter durch Husum begleiten. Gebannt hörten die Besucher im Kunstkreis Laatzen diesem ungewöhnlichen Vortrag zu.


19. Februar 2023 im Heimatmuseum Linderte / Ronnenberg

Literarischer Abend "Winterlesung"

Fast genau vor drei Jahren präsentierten wir Calenberger Autoren uns das letzte Mal mit unserer Winterlesung im Heimatmuseum in Linderte. Was ist seitdem alles geschehen! Natürlich sind wir alle um drei Jahre älter geworden. Aber nicht nur das, in dieser Zeit hat sich auch die Welt verändert und wir mit ihr. Corona hat Spuren hinterlassen! Jeder Einzelne von uns hat sich verändert. Einige haben auch persönlich Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Deshalb waren wir am Sonntag erfreut, dankbar und überwältigt, wie viele Zuhörer uns in dieser Zeit treu geblieben sind und nach so langer Pause den Weg in das kleine Museum gefunden haben. Viele bekannte Gesichter waren darunter, aber auch ein paar neue Literaturinteressierte konnten wir entdecken. Ehe es losging, hielt die Leiterin des Museums, Frau Hildebrand, eine kleine Einführungsrede und schon nach wenigen Minuten war die dreijährige Pause irgendwie fast vergessen. Aber eben nur irgendwie fast, denn auch durch unsere Beiträge zogen sich die gemachten Erfahrungen der nahen Vergangenheit, das Erleben der Pandemie, aber auch unser machtlose Umgang mit dem Klimawandel und dem Krieg in der Ukraine.

Jörg Hartung

Karla Kühn

Friedrich Pape

Cornelia Poser

Uwe Märtens

Fünf Autoren aus unserer Gruppe kamen mit eigenen Texten und Gedichten zu Wort. Jörg Hartung führte durch den Nachmittag, las einige seiner Gedichte und zeigte dazu Bilder seiner Frau Gabriele Hartung, aus dem Katalog einer Ausstellung, die vor einiger Zeit im Kunstkreis Laatzen gezeigt wurde. Karla Kühn las zwei ihrer Kurzgeschichten aus ihrem Buch "Das Negligé und andere Erzählungen" und nahm uns dabei mit zu einem Ballettabend und zu einem frühlingshaften Ausflug in die Natur. Auch Friedrich Pape las einige seiner Gedichte, sowie die Erzählung "Begegnung im Spätwinter". Cornelia Poser führte die Zuhörer mit ihrer autobiografischen Geschichte noch einmal zurück in die allerersten Anfänge der Pandemie und berichtete in einem Gedicht von ihrer Frühlingssehnsucht. Uwe Märtens beschloss den Abend mit einer Drachensuche am See und einem Text als personifizierter Klimawandel. Die Zuhörer bedankten sich hinterher mit einem herzlichen Applaus.

 

12. Februar 2023 im Kunstkreis Laatzen

"Trinalieschen on Tour - forsch und flott" - eine Krimlesung


Die oben genannte rüstige Dame, die im obersten Stockwerk eines modernen Hochhauses wohnt und "Trinalieschen" (bitte nicht Trinalies-chen mit s und ch, sondern Trinalieschen mit sch!) heißt und Rentnerin ist, liest gern Krimis, schreibt Geschichten und schaut ansonsten immer mal wieder von ihrem Balkon hinunter in den Garten, wo jetzt gerade der Bewohner aus dem dritten Stock Vorbereitungen für einen Grillabend zu treffen scheint. Aber was liegt dort unter der Folie, ganz in der Nähe, am Teich. Ist es das nackte Kanninchen, das darauf wartet geröstet zu werden? Oder ist es doch etwas viel größeres? Und wer stöhnt dort so laut in der Waschküche im Keller? Das können nicht nur die Mäuse sein. Trinalieschen geht der Sache mutig nach und löst den Fall schnurstraks noch am selben Abend - und das forsch und flott! Das war die erste Geschichte! Und so ähnlich ging es den ganzen Nachmittag weiter. Renate Folkers nahm die Zuhörer nach dieser ersten Geschichte mit in ihre Heimat an die Nordseeküste bei Husum, las Auschnitte aus ihren bereits erschienen Kriminalromanen "Der Tote hinterm Knick" und "Mord auf Sylt", sowie eine kurze Episode aus ihrem plattdeutschen Krimi "Keen Utweg". Im 2. Teil wurde es dann richtig gruselig. Nicht nur Halsschlagadern wurden aufgeschlitzt, sondern dazu auch noch Pulsadern, "zur Sicherheit", wie die Autorin bemerkte. Es wurde gedemüdigt, gebeichtet, vergewaltigt, gestorben, betrogen, ein Kind geboren, aber tot, gelogen und Alkohol bis zum Exess getrunken. Mehr kann man nicht erwarten, wenn man sich als Zuhörer in solch ein Lesung begibt. Die Autorin beendete den Nachmittag mit einer kurzen Geschichte, in der ein Bär fromm wird und, bevor er sein menschliches Opfer zerfleischt,  schnell noch betet: "Komm, Herr Jesus, sei mein Gast und segne, was du mir bescheret hast...". Die Zuhörer klatschten und hatten ihre Freude an dieser abwechslungsreichen Lesung.